Was ist Meditation?
Dass Meditation messbare Wirkungen hat, haben die Neurologen Robert Benson und Herbert Wallace von der Harvard-Universität nach zahlreichen Untersuchungen festgestellt. Sie sagen: "Wenn sich die Gedanken beruhigen, verschiebt sich die elektrische Hirntätigkeit in den ruhigeren Rhythmus der sogenannten Alpha-Wellen, was eine Reduzierung von Pulsfrequenz, Sauerstoffverbrauch und Blutdruck zur Folge hat. Der ganze Organismus geht in einen ausbalancierten Zustand über, den das Gehirn als entspannt und angstfrei empfindet." Regelmäßige Meditation erzeugt weniger Stresshormone (Cortisol) und stärkt das Immunsystem, was gerade in Corona-Zeiten wichtig ist. Erfahrene Meditierer erzählen von weit mehr als nur den Effekten reiner Entspannung. Der Mediziner Michael Baime, der an der Universität von Pennsylvania in Philadelphia die Stressforschung leitet und sich seit dreißig Jahren in buddhistischer Meditation übt, beschreibt einen solchen Augenblick so:
"Es war eine Empfindung von Energie, die in mir ihr Zentrum hatte, in einen unendlichen Raum ausströmte und wieder zurückkam. Mein Geist entspannte sich, und ich spürte intensive Liebe, Klarheit und Freude. Die Verbundenheit mit allen Wesen in der Welt war so tief, als wäre da nie eine Trennung gewesen."
Die Meditation ist eine Technik, die im Wesen des Menschen ein Zentrum der Stille schafft. Ohne einen ruhenden Kern gerät unser Leben ständig in einen taumelnden Zustand, der uns krank macht. Es ist wie auf einem Schiff: Wer sich stets an der Reling aufhält, wird irgendwann seekrank. Der ruhigste Platz befindet sich in der Mitte des Schiffes. Medizin und Meditation haben beide etwas mit Mitte zu tun, was an den beiden lateinischen Wortsilben medi erkennbar ist. Die Mitte finden, ist der Weg der Heilung und Genesung. Die lateinische Übersetzung des Wortes Meditatio heißt Nachdenken. Über etwas nachzudenken bzw. zu meditieren heißt, sich über etwas klarwerden. Da der menschliche Geist in der Regel alles andere als klar ist, bedarf es der Einübung mittels einer Meditationstechnik. Die Unklarheiten stehen auch für Unwissenheit und Unbewusstheit, für Außer-Mittigkeit. Eine diszipliniert-praktizierte Meditationstechnik führt zur
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Kontemplation (beschauliches Nachdenken über...)
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Besinnung (Bewusstwerdung von...) und
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Transformation (Umsetzung in...).
Die Meditationstechnik dient als Katalysator zur Auslösung von Tiefenprozessen, die zur Heilung auf der Seelenebene führen, wo auch alle physischen und psychischen Krankheiten ihre Ursachen finden. Sie ist der Wegbereiter zu einem meditativen Leben, das letztlich keine Meditationstechniken mehr braucht. Ein glückliches und von sämtlichen Zwängen und Süchten befreites Leben bedarf keiner kontrollierenden Technik mehr. Meditationstechniken sind wie Medizin. Sie sollte nur so lange eingenommen werden, solange man krank ist.
Die Techniken der Meditation führen zum Meditativ-Sein. Dieser Zustand lässt sich jedoch nicht unmittelbar erklären, da es ein subjektiver Erfahrungsprozess ist. Angesichts der enormen Vorteile, die das Meditieren bietet, stellt sich die Frage, warum nur relativ wenige Menschen meditieren und die Meditationspraxis bereits nach kurzer Zeit beenden, wie verschiedene Untersuchungen belegen. Den Hauptgrund für die niedrige Meditationsquote und die hohe Abbruchrate liegt daran, dass Meditation die Bereitschaft erfordert, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist. Wie unbefriedigend das eigene Leben auch empfunden werden mag, die meisten Menschen halten lieber daran fest, als das Risiko einer grundlegenden Veränderung einzugehen. Wer regelmäßig meditiert, muss damit rechnen, dass sich sein Selbst- und Weltbild grundlegend wandeln wird. Die großen Meditationsexperten aller Zeiten, besonders die Zen-Buddhisten, erklären übereinstimmend, wer regelmäßig wach und spielerisch meditiert, früher oder später an einen Punkt kommt, wo er hinter den dualistischen Fassaden der phänomenalen Welt die Einheit von allem entdeckt. Diese Erfahrung wird als Erwachen, Erleuchtung und Satori bezeichnet. Dieser transzendente Aspekt der Meditation ist vielen westlichen Menschen fremd oder gar unheimlich.