Suchtsystem und Co-Abhängigkeit
Zum Suchtsystem gehört zwangsläufig die Co-Abhängigkeit, die das System nährt und stützt. Co-Abhängigkeiten findet sich besonders häufig im Suchtsystem "Therapeut-Patient". Der "gute" helfende und opferbereite Mensch stammt nicht selten selbst aus co-abhängigen Lebensverhältnissen. Co-Abhängige finden ihren "Lohn" oft im Bemühen, andere von sich abhängig zu machen, was mit Kontrolle und Macht einhergeht. In der Bewertung von Suchtverhalten werden Drogensüchtige in der Gesellschaft negativ betrachtet und behandelt, Co-Abhängige jedoch werden unterstützt und gefördert (Mutter Teresa). Da sich fast alle Menschen in einem co-abhängigen System befinden, wird Co-Abhängigkeit nicht als Sucht erkannt. Co-Abhängigkeit findet sich in allen gesellschaftlichen Bereichen, z.B. Schule, Beruf, Politik und Religion. Co-Abhängige sind in der Regel nett... und oft verlogen, ohne dass es ihnen bewusst ist. Unter dem Deckmantel des "guten Samariters" verstecken sich oft falsche Selbstlosigkeit, Rechenschaft, Korrektheit und Einfühlungsvermögen. Der Co-Abhängige redet gern über andere, aber nicht direkt mit ihnen. Seine verzerrte Sprache beinhaltet vielfach Lügen, Halbwahrheiten, Vermutungen und Anspielungen, usw. Diese Verhaltensweisen sind in der Gesellschaft tief verankert und werden als "normal" betrachtet. Die individuelle und damit auch die kollektive Lösung der Suchtproblematik ist nur mit einem erweiterten Bewusstsein möglich, das die Suchtursachen und -symptome erkennt, akzeptiert und transformiert. Mithilfe der Meditation ist eine Bewusstseinserweiterung und damit eine Selbstreflexion auf das eigene Suchtverhalten erst möglich.
Anne Wilson Schaef: "Co-Abhängigkeit - Die Sucht hinter der Sucht"